Gruß­wort des frü­he­ren Ober­bür­ger­meis­ters Dr. Hel­mut Müller

„Wer sich der eige­nen Ver­gan­gen­heit nicht stellt, dem fehlt die Zukunft.“

Bun­des­prä­si­dent Horst Köh­ler zum Tag des Geden­kens an die Opfer des Natio­nal­so­zia­lis­mus am 27. Janu­ar 2009

Dr. Jacob Gutmark,Dr. Helmut Müller, Michelsberg Wiesbaden

Frü­he­rer Ober­bür­ger­meis­ter Dr. Hel­mut Mül­ler wäh­rend der Grund­stein­ver­le­gung im Jahr 2010.
(Foto­graf: Oli­ver Hebel)

In nicht zu fer­ner Zeit wird es kei­ne Zeit­zeu­gen mehr geben, die aus der per­sön­li­chen Erin­ne­rung von den Jah­ren vor 1945, von der Sho­ah, den Gräu­eln der Natio­nal­so­zia­lis­ten, berich­ten kön­nen. Des­halb brau­chen wir Orte der Erin­ne­rung — als Mah­nung für heu­ti­ge und zukünf­ti­ge Gene­ra­tio­nen, als Gedenk­stät­ten für die Opfer der Gewalt­herr­schaft. Es geht dar­um, sicht­bar zu machen, dass es auch in Wies­ba­den — wie über­all in Deutsch­land — unfass­ba­re Ver­bre­chen gegen die Mensch­lich­keit gab, dass auch von hier aus Sam­mel­trans­por­te in die Kon­zen­tra­ti­ons­la­ger star­te­ten, dass Men­schen wegen ihres Glau­bens und ihrer Her­kunft ster­ben muss­ten, die in unser Stadt leb­ten und die Nach­barn waren.

Es war das beson­de­re Anlie­gen unse­rer ver­stor­be­nen Stadt­ver­ord­ne­ten­vor­ste­he­rin Ange­li­ka Thiels, dass mit dem Mahn­mal am Stand­ort der ehe­ma­li­gen Syn­ago­ge, die am 10. Novem­ber 1938 von den Natio­nal­so­zia­lis­ten zer­stört wur­de, eine ganz per­sön­li­che und „begreif­ba­re« Form der Erin­ne­rung gefun­den wer­den soll­te. Jeder ein­zel­ne der mehr als 1 500 hier ein­ge­las­se­nen Namen und die mit ihm ver­bun­de­nen Daten ste­hen für einen Men­schen, der aus­ge­son­dert, der gebrand­markt wur­de und der den unfass­ba­ren Ver­bre­chen der Nazis zum Opfer fiel.

Ange­li­ka Thiels war es wich­tig, einen Raum zu schaf­fen, der Ange­hö­ri­gen die Mög­lich­keit gibt zu trau­ern, der den Toten ein Gesicht gibt, der ver­hin­dert, dass die Erin­ne­rung ver­schwin­det, der Dis­kus­sio­nen ermöglicht.

„Die Wür­de des Men­schen ist unan­tast­bar“. Die­se Leh­re aus den natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Ver­bre­chen haben die Väter des Grund­ge­set­zes im ers­ten Arti­kel unse­rer Ver­fas­sung fest­ge­schrie­ben. Das Mahn­mal an der Coulin­stra­ße ist eine immer­wäh­ren­de und deut­lich sicht­ba­re Erin­ne­rung, die­sen Auf­trag nicht zu vergessen.

 

Dr. Hel­mut Mül­ler
Ober­bür­ger­meis­ter a. D.